Verbleib im SHIVALV-Gesamtsystem und in den einzelnen Leistungssystemen
Zur Beobachtung der dynamischen Prozesse rund um den Verbleib in und die Austritte aus den einzelnen Leistungssystemen werden Verbleibskurven herangezogen, die zeigen, welcher Anteil der Personen während einer gewissen Zeitspanne nach dem Eintritt noch Leistungen bezieht. Die folgende Abbildung zeigt auf Monatsbasis den Anteil der Personen, die im Leistungssystem verbleiben. Der Monat 1 entspricht dem Monat des Eintritts in das Leistungssystem.
Ein Jahr nach Eintritt in das Leistungssystem verbleiben 40,1% in der ALV, 59,4% in der Sozialhilfe und 91,2% in der IV (Eintritt 2018). Im SHIVALV-Gesamtsystem liegt die Verbleibsquote nach einem Jahr bei 48,4%. Nach zwei Jahren ist die Verbleibsquote für die ALV sehr gering (16,5%), für die Sozialhilfe mittel (41,8%) und für die IV-Rente hoch (83,6%).
Ein Teil der Abgänge ist auf veränderte Umstände zurückzuführen, die einem weiteren Leistungsbezug aus dem SHIVALV-System entgegenstehen. Dabei handelt es sich um Todesfälle, das Erreichen des AHV-Alters (mit dem der Wechsel in ein anderes Sozialsystem erfolgt) und Wegzüge ins Ausland1.
Der Anteil der Personen, die von solchen Abgängen betroffen waren, ist in der Arbeitslosenversicherung und in der Sozialhilfe eher tief (ALV: 2,7% nach einem Jahr und 4,2% nach zwei Jahren für Eintritte im Jahr 2018); (SH: 2,1% nach einem Jahr und 3,3% nach zwei Jahren), in der Invalidenversicherung hingegen etwas höher (6,6% nach einem Jahr und 12,5% nach zwei Jahren).
1Bei einem Wegzug ins Ausland besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Sozialhilfe, hingegen können IV-Renten ins Ausland ausbezahlt werden. Diese Personen fallen jedoch aus der SHIVALV-Referenzbevölkerung.
Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern der Eintrittskohorte 2018 in Bezug auf den Verbleib im SHIVALV-System sind gering. Ausländische Personen haben eine höhere Verbleibsquote in der Arbeitslosenversicherung als Schweizerinnen und Schweizer (45,0% gegenüber 36,2% nach 12 Monaten und 18,8% gegenüber 14,6% nach 24 Monaten). Bei der Invalidenversicherung und der Sozialhilfe sind in Bezug auf den Verbleib keine wesentlichen Differenzen zwischen den beiden Gruppen festzustellen.
Grössere Unterschiede zeigen sich zwischen den Altersgruppen: So weisen insbesondere die Personen in der Arbeitslosenversicherung mit zunehmendem Alter höhere Verbleibsquoten auf. Die höhere Verbleibsquote der 55- bis 65-Jährigen spiegelt die höhere maximale Bezugsdauer für Arbeitslosengelder in dieser Altersgruppe wider. Im Gegensatz dazu sinkt die Verbleibsquote der IV-Rentenbeziehenden mit zunehmendem Alter. Austritte aus der Invalidenversicherung sind zu einem überwiegenden Teil Abgänge in die AHV, wie im Abschnitt «Situation nach dem Austritt aus einem Leistungssystem» gezeigt wird. Bei den Sozialhilfebeziehenden ist die Verbleibsquote in der obersten Altersgruppe niedriger.
Wiedereintritte in die Leistungssysteme
Die Verläufe im System der sozialen Sicherheit zeigen, dass es zu Aus- und Wiedereintritten ins gleiche Leistungssystem kommt. Betrachtet man die Personen, bei denen im Jahr 2020 ein «kurzer Austritt» festgestellt wurde, zeigt sich, dass 16,7% der ALV-Taggeldbeziehenden innerhalb von sechs Monaten erneut ALV-Taggelder beanspruchten. In den allermeisten Fällen handelte es sich um einmalige Wiedereintritte (16,6%): Lediglich 0,1% kehrten zweimal in das Leistungssystem zurück. Wird der Beobachtungszeitraum von sechs auf zwölf Monate nach Austritt verlängert, weisen 22,5% einen Wiedereintritt, 2,5% zwei Wiedereintritte und 0,1% drei oder mehr Wiedereintritte auf. Die Rückkehrquote der Sozialhilfebeziehenden ist niedriger: 5,9% kehrten innerhalb von sechs Monaten und 14,5% innerhalb von zwölf Monaten einmal in das Leistungssystem zurück. Zweimalige Wiedereintritte innerhalb von 12 Monaten sind mit 0,1% der Fälle äusserst selten. Sehr selten sind schliesslich auch Wiedereintritte in die Invalidenversicherung: Bei den Austritten des Jahres 2020 betrug die Rückkehrquote nach sechs Monaten 0,9% und nach zwölf Monaten 2,0%. In allen Fällen handelte es sich um einmalige Wiedereintritte.
Bezüglich der Rückkehr in die drei SHIVALV-Leistungssysteme sind keine nennenswerten Unterschiede nach Geschlecht auszumachen. Nach Nationalität zeigen sich folgende Unterschiede: Schweizerinnen und Schweizer kehrten nach einem Austritt im Jahr 2020 seltener in die Arbeitslosenversicherung zurück als ausländische Personen (21,5% gegenüber 29,6% Wiedereintritte nach 12 Monaten). Ein Grund dafür ist, dass ausländische Arbeitnehmende häufiger in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen (z. B. Saisonstellen) tätig sind. Bei den Sozialhilfebeziehenden lassen sich zudem Unterschiede nach Altersgruppe feststellen: Die Rückkehrquote betrug hier 17,7% für die 18- bis 24-Jährigen, 16,3% für die 25- bis 39-Jährigen, 14,8% für die 40- bis 54-Jährigen und 8,3% für die 55- bis 65-Jährigen. Die tiefe Rückkehrquote der 55- bis 65-Jährigen in allen drei Leistungssystemen ist zum Teil auf Abgänge aufgrund des Eintritts ins AHV-Alter zurückzuführen, ab dem eine Rückkehr in die Leistungssysteme aus institutionellen Gründen nicht mehr möglich ist (Sozialleistungen für Personen im Rentenalter fallen nicht unter das SHIVALV-System).
Situation vor Eintritt in ein Leistungssystem
In den sechs Monaten vor Eintritt in die Arbeitslosenversicherung, die Invalidenversicherung oder die Sozialhilfe bezog die Mehrheit der Personen keine Leistungen aus den beiden anderen Leistungssystemen. Die Situation vor Eintritt ist je nach Leistungssystem unterschiedlich.
Eine überwiegende Mehrheit der ALV-Taggeldbeziehenden hatte in den sechs Monaten vor dem Eintritt während mindestens eines Monats eine bezahlte Beschäftigung ausgeübt, ohne eine Leistung aus dem SHIVALV-System zu beziehen (168 873 Personen bzw. 88,3% der Eintritte im Jahr 20201).
29,7% der Personen, die 2020 in die Invalidenversicherung eingetreten sind, waren in den sechs Monaten vor Eintritt in das Leistungssystem während mindestens eines Monats erwerbstätig ohne SHIVALV-Leistungen zu beziehen (5 124 Personen). Ein Viertel der eingetretenen Personen bezog in den sechs Monaten vor Eintritt in die Invalidenversicherung während mindestens eines Monats eine Leistung der Sozialhilfe, ohne ein Erwerbseinkommen zu erzielen (25,3% der Eintritte, 4 365 Personen). Schliesslich befand sich ein Drittel der Personen (32,6% bzw. 5 617 Personen), die 2020 neu eine IV-Rente erhielten, vor Beginn des IV-Rentenbezugs in einer anderen Situation, d. h. sie bezogen weder ein Erwerbseinkommen noch eine Leistung aus dem SHIVALV-System. Dazu gehören beispielsweise Personen, die in den sechs Monaten vor Eintritt in Ausbildung oder im Haushalt tätig waren, eine mehrmonatige Auszeit (Sabbatical) nahmen, oder aus freien Stücken oder aus Not von ihren Ersparnissen lebten.
Mehr als ein Drittel der Personen, die in die Sozialhilfe eintraten, (35,5% bzw. 16 016 Personen) waren in den sechs Monaten vor dem Eintritt während mindestens eines Monats erwerbstätig und bezogen keine Leistungen der Arbeitslosen- oder Invalidenversicherung. Etwas mehr als ein Drittel zählte zur Kategorie «Andere Situation » (34,8% bzw. 15 708 Personen).
1Die Ergebnisse für das Jahr 2021 konnten noch nicht berechnet werden. Da sich die Unterscheidung zwischen Übertritt und Überlappung auf die Beobachtung der ersten beiden Monate jeder Bezugsperiode abstützt, müssen für die Bezugsperiode mit Beginn im Dezember 2021 die Daten des Jahres 2022 abgewartet werden.
In Bezug auf die Situation vor Eintritt in die Arbeitslosenversicherung sind lediglich geringfügige Unterschiede zwischen ausländischen und Schweizer Staatsangehörigen auszumachen. Bei den IV-Rentenbeziehenden bestehen grössere Unterschiede: Schweizerinnen und Schweizer bezogen vor dem Eintritt in die Invalidenversicherung im Vergleich zu ausländischen Staatsangehörigen seltener Sozialhilfe (23,3% gegenüber 31,2%), fielen seltener in die Kategorie «Andere Situation» (32,2% gegenüber 36,6%) und waren häufiger erwerbstätig (33,0% gegenüber 20,4%). Ein entsprechender Unterschied ist auch bei den Sozialhilfebeziehenden zu beobachten: 30,8% der Schweizer Staatsangehörigen fielen vor dem Eintritt in dieses Leistungssystem in die Kategorie «Andere Situation», gegenüber 38,7% der ausländischen Staatsangehörigen.
In Bezug auf die Situation vor Eintritt in ein Leistungssystem sind auch gewisse Unterschiede nach Altersgruppen zu beobachten. Vor Eintritt in die Arbeitslosenversicherung ist der Anteil der Personen, die während mindestens eines Monats ausschliesslich ein Erwerbseinkommen erzielten, bei den jüngsten Personen (18- bis 24-Jährige) etwas niedriger als in den höheren Altersgruppen (82,7% gegenüber 89,8% bei den 25- bis 39-Jährigen, 89,0% bei den 40- bis 54-Jährigen und 87,9% bei den 55- bis 65-Jährigen). Die Situation vor Eintritt in die Invalidenversicherung variiert stark nach Altersgruppe, wie die folgende Abbildung zeigt. Die Situation «Noch nicht volljährig» ist definitionsgemäss nur auf die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen anwendbar. Der Anteil der Beziehenden, die vor ihrem Eintritt in ein Leistungssystem dieser Kategorie zuzuordnen waren, beträgt in der Arbeitslosenversicherung 3,1%, in der Invalidenversicherung 14,7% und in der Sozialhilfe 25,9%.
Austritte aus dem Leistungssystem
In den sechs Monaten nach Austritt aus der Arbeitslosenversicherung im Jahr 2020, erzielten etwas mehr als drei Viertel der früheren ALV-Taggeldbeziehenden während mindestens eines Monats ein Erwerbseinkommen, ohne eine Leistung aus dem SHIVALV-System zu beziehen (79,5% bzw. 107 763 Personen).
Im Jahr 2020 erfolgten insgesamt 135 510 Austritte aus der Arbeitslosenversicherung, 14 190 davon wegen Aussteuerung (10% aller Austritte). 38,5% der Personen, die wegen Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung ausschieden, erzielten in den sechs Monaten nach diesem Austritt während mindestens eines Monats ein Erwerbseinkommen (6 179 Personen) und 13,7% bezogen im selben Zeitraum ausschliesslich Sozialhilfe (1 937 Personen). 25,2% der Personen, die wegen Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung ausschieden, befanden sich in den sechs Monaten nach dem Austritt in einer anderen Situation (3 582 Personen). Dazu gehören beispielsweise Personen, die in den sechs Monaten vor Eintritt in Ausbildung oder im Haushalt tätig waren, eine mehrmonatige Auszeit (Sabbatical) nahmen, oder aus freien Stücken oder aus Not von ihren Ersparnissen lebten.
Bei 67,2% der Personen, die 2020 aus der Invalidenversicherung austraten, war der Grund dafür das Erreichen des AHV-Alters (11 429 Personen), 18,3% sind Todesfälle (3 106 Personen).
45,9% der Personen, die 2020 aus der Sozialhilfe austraten, erzielten in den sechs Monaten nach Austritt während mindestens eines Monats ein Erwerbseinkommen, ohne eine Leistung aus dem SHIVALV-System zu beziehen (19 982 Personen). Schliesslich befand sich mehr als ein Fünftel der Personen (21,8%) in den sechs Monaten nach Austritt aus der Sozialhilfe in einer anderen Situation (9 515 Personen).
Der Anteil der ausländischen Staatsangehörigen, die die Schweiz nach Austritt aus einem Leistungssystem im Jahr 2020 innerhalb von sechs Monaten verlassen haben, ist höher als der entsprechende Anteil der Schweizerinnen und Schweizer. Ihr Anteil betrug nach Austritt aus der Arbeitslosenversicherung 7,9% gegenüber 1,2%, und bei Austritten wegen Aussteuerung 4,1% gegenüber 1,1%. Nach dem Austritt aus der Invalidenversicherung verliessen 18,5% der ausländischen Personen innerhalb von sechs Monaten die Schweiz, gegenüber 4,8% der Schweizerinnen und Schweizer. Nach dem Austritt aus der Sozialhilfe betrugen die entsprechenden Anteile 6,4% beziehungsweise 2,9%. Bemerkenswert ist auch, dass in den sechs Monaten nach Austritt aus der Sozialhilfe 14,8% der Schweizerinnen und Schweizer eine IV-Rente bezogen, verglichen mit 7,2% der ausländischen Personen.
Die 55- bis 65-Jährigen erzielten nach dem Austritt aus einem Leistungssystem im Vergleich zu den anderen Altersgruppen seltener ein Erwerbseinkommen, unter anderem wegen des Erreichens des AHV-Alters. In dieser Altersgruppe machten Abgänge in die AHV 16,1% der Austritte aus der Arbeitslosenversicherung, 3,5% der Austritte wegen Aussteuerung, 77,8% der Austritte aus der Invalidenversicherung und 6,6% der Austritte aus der Sozialhilfe aus.
Die im Abschnitt «Tabellen» präsentierten Ergebnisse wurden gemäss der neuen, seit 2023 gültigen Berechnungsmethode ermittelt. Die älteren Ergebnisse bis 2022 wurden anhand der neuen Methode aktualisiert und sind im Datensatz des BFS verfügbar.