Datenquelle
In der Schweiz werden Krebsneuerkrankungen in den kantonalen Krebsregistern (KKR) registriert. Dort werden jedes Jahr alle Fälle von Krebsneuerkrankungen erfasst, die in der jeweiligen Kantonsbevölkerung diagnostiziert wurden. Diese Daten werden von der Nationalen Krebsregistrierungsstelle (NKRS) zusammengetragen und kontrolliert, bevor sie an das BFS übermittelt werden.
Kodierung
Die Daten werden gemäss der Internationalen Klassifikation der Krankheiten für die Onkologie (ICD‑O‑3) registriert. Jedem Fall wird der entsprechende ICD-10-Code zugeordnet, damit die Statistiken den internationalen Standards entsprechen. Eingeschlossen sind alle Fälle von bösartigen Primärtumoren, mit Ausnahme von nicht-melanotischem Hautkrebs (C00-43, C45-97, ICD-10). Primärtumore werden nach den Regeln der International Agency for Research on Cancer (IARC) / International Association of Cancer Registries (IACR) / European Network of Cancer Registries (ENCR) definiert: http://www.iacr.com.fr/images/doc/MPrules_july2004.pdf
Registrierung auf kantonaler Ebene und Schätzung der Inzidenz auf nationaler Ebene
Vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes und der Verordnung über die Registrierung von Krebserkrankungen (KRG und KRV) im Jahr 2020 waren die gesetzlichen Bestimmungen zur Registrierung von Krebserkrankungen in den einzelnen Kantonen sehr unterschiedlich und schränkten den Datenzugang teilweise ein. Die kantonalen Register wurden ab 1970 schrittweise eingeführt (vgl. Karte) und decken seit 2006 die gesamte Westschweiz und das Tessin sowie seit 2020 alle Deutschschweizer Kantone ab. Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes und der Verordnung wurden die rechtlichen Vorgaben und erhobenen Daten harmonisiert sowie die Erhebungsprozesse angepasst.
Hinsichtlich der Abdeckung sind zwei Ausnahmen zu nennen:
- Das Register beider Basel (Basel-Stadt, BS, und Basel-Landschaft, BL) erfasst die Inzidenzfälle der Bevölkerung des Bezirks Laufen (BL), der bis 1994 zum Kanton Bern gehörte, erst seit 2013. Aus diesem Grund wird die Bevölkerung dieses Bezirks (ungefähr 7% der Bevölkerung des Kantons Basel-Landschaft) für die Berechnung der Inzidenzrate von der Kantonsbevölkerung abgezogen.
- Die Daten des Kantons Waadt für die Jahre 2018 und 2019 sowie jene des Kantons Aargau für 2020 konnten zum Zeitpunkt der statistischen Analyse nicht integriert werden.
Wenn die Erhebung auf nationaler Ebene zum Zeitpunkt der Statistikproduktion nicht vollumfänglich ist, werden die erhobenen Daten (beobachtete Daten) auf die Gesamtschweiz hochgerechnet und so nationale Schätzungen erstellt. Diese Schätzungen sind wichtig, um die Entwicklung der Inzidenz im Zeitverlauf zu verfolgen und internationale Vergleiche durchführen zu können. Sie werden erstellt, indem auf die beobachteten Zahlen ein Hochrechnungsgewicht (Bevölkerung mit Registrierung / Gesamtbevölkerung) angewendet wird, um die fehlenden Registrierungen für ein geografisches Gebiet oder ein bestimmtes Jahr bzw. eine bestimmte Zeitspanne zu kompensieren. Die Gewichtung wird für verschiedene Schichten derjenigen Variablen berechnet, die nachweislich mit dem Krebsrisiko in Verbindung stehen, d. h. Alter, Geschlecht und Sprachregion. In der Schweiz unterscheidet sich die Prävalenz der angenommenen Risikofaktoren wie Rauchen oder die ernährungsbedingte Exposition je nach Sprachregion (vgl. Statistical Methods for Cancer Reporting in Switzerland, Version 1.0; nur Englisch).
Datenqualität
Die Daten zur Krebsinzidenz werden für gewöhnlich mit jenen zur Krebsmortalität abgeglichen. Dadurch lassen sich Krebsfälle identifizieren, die möglicherweise nicht registriert wurden. In einigen Registern wurden diese Abgleiche jedoch nicht für alle abgedeckten Jahre vollständig und systematisch durchgeführt. Dies ist etwa beim Register Basel-Stadt und Basel-Landschaft für die Jahre 1981–2001 sowie 2010–2012 der Fall. Im Krebsregister für die Kantone Zürich und Zug hat der Abgleich für den Kanton Zürich nachweislich seit 1997 stattgefunden. Ob der Abgleich für den gesamten vorhergehenden Zeitraum (1980–1996) vollständig oder nur teilweise erfolgte, kann nicht mehr festgestellt werden.
Die Datenqualität eines Krebsregisters hängt unter anderem von der Vollzähligkeit der erfassten Daten ab, d. h. vom Verhältnis zwischen der Anzahl neuer Fälle, die im Register erfasst worden sind, und der Gesamtzahl der neu aufgetretenen Fälle in der Bevölkerung, die durch das Register abgedeckt wird. Die Vollzähligkeit sollte möglichst 100% betragen, damit die Vergleiche der Inzidenzraten (zwischen Zeiträumen oder geografischen Einheiten) reelle Unterschiede beim Risiko, Krebs zu entwickeln, aufzeigen. Im Jahr 2017 ist eine detaillierte Publikation* mit Methoden für die Evaluation der Vollzähligkeit erschienen. Für einige Schweizer Register werden von IARC (International Agency for Research on Cancer) weitere qualitative Indikatoren publiziert**.
Zurzeit werden von der NKRS im Rahmen der Standardauswertung acht Indikatoren zur Datenqualität*** veröffentlicht: 1) Anzahl beobachteter und erwarteter Fälle; 2) Verhältnis zwischen Mortalität und Inzidenz; 3) Anteil der Fälle, die ursprünglich basierend auf den Informationen des Todesursachenzertifikats identifiziert wurden (Death Certificate Notification, DCN); 4) Anteil der Fälle, die nur basierend auf den Informationen des Todesursachenzertifikats registriert wurden (Death Certificate Only, DCO); 5) Anteil der histologisch geprüften Fälle; 6) Proportion von Fällen ohne Angaben beim Krebsstadium; 7) Heterogenität der Krebsregister im Anteil der DCO; 8) Heterogenität der Krebsregister im Anteil der Fälle, die histologisch geprüft wurden.
*Lorez M., Bordoni A., Bouchardy C. et al. Evaluation of completeness of case ascertainment in Swiss cancer registration. Eur J Cancer Prev.2017; 00: 000-000
**Cancer incidence in five continents, Vol IX. Lyon: IARC/WHO, 2007. IARC/WHO Scientific Publications No. 160
*** Jährliche Datenqualitätsberichte (aDQR) («Swiss annual Data Quality Report (aDQR)», publiziert auf der website der NKRS unter Downloads and Links, Statistiken und Berichte, Berichte zur Datenqualität): https://www.nkrs.ch/de/downloads