Die Wachstums- und Produktivitätsstatistik (WPS) umfasst eine Palette von Indikatoren, die statistische Analysen im Bereich der Makroökonomie ermöglichen. Diese Indikatoren stützen sich auf die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) als Refernzrahmen. Sie unterstützen die Messung sowie Analysen zur Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähig-keit der Schweizer Wirtschaft, aber auch zur fortschreitenden Entwicklung der Schweiz zu einer globalisierten und wissensbasierten Gesellschaft.
Diese Analysen haben insbesondere auch das Ziel, die Rolle und den Einfluss der Produk-tionsfaktoren (Arbeit und Kapital) für das Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) zu beleuchten.
Steckbrief
FAQ zur Produktivität
Die Arbeitsproduktivität (LPt) berechnet sich aus dem Verhältnis zwischen dem wirtschaftlichen Output Qt und dem für dessen Produktion benötigten Arbeitsinput Lt jeweils im Jahr t:
LPt = (Qt / Lt)
Die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität umfasst die Produktivität des marktbestimmten und des nicht marktbestimmten Teils der Wirtschaft. Unter dem Businesssektor wird nur der marktbestimmte Teil der Wirtschaft verstanden, wo sich die Wirtschaftsakteure profitorientiert verhalten und Strategien zur Erhöhung ihrer Rentabilität verfolgen. Bei der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität wird in der Folge die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit, inklusive des Staates und der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck, berücksichtigt.
Die internationalen Organisationen, allen voran die OECD, und verschiedene VGR-Handbücher empfehlen für Produktivitätsberechnungen die Verwendung der tatsächlichen Arbeitsstunden. Alternativ kann auch die Anzahl Beschäftigte in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) herangezogen werden. Die Organisationen raten hingegen davon ab, die Anzahl Beschäftigte oder die Anzahl erwerbstätige Personen für die Berechnung hinzuzuziehen. Abgesehen vom Nachteil, dass diese Indikatoren die Arbeitszeit nicht berücksichtigen (eine Teilzeitstelle hat dasselbe Gewicht wie eine Vollzeitstelle), hat der zweite Ansatz den zusätzlichen Nachteil, dass eine erwerbstätige Person mehrere Beschäftigungen ausüben kann, sie bei diesem Indikator allerdings nur einmal erhoben wird.
In der Schweiz kommen die folgenden zwei Statistiken für den Arbeitsinput zum Einsatz:
1) Die Arbeitsvolumenstatistik (siehe Steckbrief AVOL), welche die tatsächlichen Arbeitsstunden erhebt
2) und die Statistik der Unternehmensstruktur (siehe Steckbrief STATENT), welche die Anzahl der VZÄ liefert. Da die AVOL zurzeit nur auf gesamtwirtschaftlicher Ebene verfügbar ist, kommen bei den strukturellen Produktivitätsanalysen (Wirtschaftssektoren und Branchen) alternativ die VZÄ zum Einsatz.
In der Schweiz gibt es zwei Arbeitsproduktivitätsmasse:
1) Die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität nach tatsächlichen Arbeitsstunden und
2) die Arbeitsproduktivität nach Beschäftigten in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) für strukturelle Analysen (Wirtschaftssektoren und Branchen)
Die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität nach tatsächlichen Arbeitsstunden im Jahr t definiert sich als das Verhältnis von: Bruttoinlandprodukt (BIP) t / Anzahl tatsächliche Arbeitsstunden t
Die Arbeitsproduktivität nach Wirtschaftssektoren und Branchen im Jahr t berechnet sich als: Bruttowertschöpfung (BWS) t / VZÄ t
Die Arbeitsproduktivität nach Wirtschaftssektoren und Branchen wird nur für den Businesssektor berechnet, da die Messung der BWS des nicht marktbestimmten Teils der Wirtschaft grosse Schwierigkeiten bereitet. Das BFS folgt der Empfehlung der OECD und weist die Arbeitsproduktivität hier nur für den Businesssektor aus. In der Folge werden BWS und VZÄ des Staates und der privaten Organisationen ohne Erwerbszweck im Vorfeld ausgeschlossen.
Es ist relativ einfach, absolute Werte einer Datenreihe zur Arbeitsproduktivität zu Preisen des Vorjahres zu berechnen. In der Regel vermeidet man aber, solche Datenreihen für Produktivitätsanalysen zu verwenden. Dies hängt im Wesentlichen mit der Methode zusammen, die im Produktionskonto zur Bereinigung der Preisentwicklung verwendet wird. Die Wahl des Referenzjahres, die bei der aktuellen Methode zur Deflationierung (Verkettungsmethode) erforderlich ist, hat einen wesentlichen Einfluss auf die Höhe des BIP und der Bruttowertschöpfung, was eine Interpretation der absoluten Werte der Arbeitsproduktivität verunmöglicht. Deshalb werden bei der Arbeitsproduktivität zu Preisen des Vorjahrs nur die Veränderungsraten ausgewiesen.
In den Jahren 2020 und 2021 wurde den Unternehmen als Folge der Covid-19-Pandemie in zuvor nie dagewesenem Ausmass Unterstützung in Form von Kurzarbeitsentschädigungen sowie Erwerbsausfallentschädigung gewährt. Diese Unterstützungen ermöglichten den Unternehmen, Beschäftigungsverhältnisse aufrechtzuerhalten mit Personen, die wegen gesetzlich verordneter Betriebsschliessungen oder weggebrochener Nachfrage temporär keine produktive Arbeitstätigkeit leisten konnten.
Für die korrekte Messung der Arbeitsproduktivität ist wesentlich, dass der Input die tatsächlich geleistete Arbeit erfasst. Diese war als Folge der erwähnten Unterstützungen in vielen Unternehmen deutlich tiefer als die vertraglich vereinbarte und abgegoltene Arbeit.
Die tatsächlichen Arbeitsstunden gemäss AVOL, die zur Berechnung der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität dienen, geben die tatsächlich geleistete Arbeit korrekt wieder; somit ist hier keine Anpassung erforderlich. Bei der Anzahl der VZÄ gemäss STATENT, die zur Berechnung der Arbeitsproduktivität nach Wirtschaftssektoren und Branchen dienen, ist dies hingegen nicht der Fall, da diese die vertraglich vereinbarte und abgegoltene Arbeit in den Mittelpunkt stellt. Folglich ist eine Bereinigung der VZÄ der STATENT erforderlich. Eine solche Bereinigung wird ab dem Referenzjahr 2020 mit Hilfe von unternehmensbezogenen Daten zu Kurzarbeits- und Erwerbsausfallentschädigung vorgenommen. Da die Methode noch experimentellen Charakter hat, werden die Ergebnisse der Arbeitsproduktivität nach Wirtschaftssektoren und Branchen vorerst als experimentelle Statistik veröffentlicht.
Die Kapitalproduktivität (KPt) berechnet sich aus dem Verhältnis zwischen dem wirtschaftlichen Output Qt und dem für diese Produktion benötigten Kapitalinput Kt , jeweils im Jahr t:
KPt = (Qt / Kt)
Der nichtfinanzielle Kapitalstock gemäss der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung kann nicht direkt für Schätzungen zur Kapitalproduktivität verwendet werden, da dieser nur den Stand der Anlagegüter misst (Bestandesgrösse). Zur Messung des Beitrags der einzelnen Kapitalgüter im Produktionsprozess muss der Wert der aus diesem Kapitalgut hervorgehenden Leistungen (Flussgrösse) und nicht der Wert des Anlagegutes selbst herangezogen werden. Mit anderen Worten müssen die Kapitalleistungen oder Kapitaldienste bestimmt werden, den der Faktor Kapital zur Produktion leistet. Als Kapitalinput werden in der Folge die Kapitalleistungen herangezogen.
Nein. Die Aggregationsmethode der Kapitalleistungen für die verschiedenen Anlagegüter beruht beim verwendeten Ansatz auf der Berechnung eines Indizes (Törnqvist-Index). Aus diesem Grund werden die Werte zur Kapitalproduktivität nur als Veränderungsraten zur Verfügung gestellt.
Das Wachstum der Multifaktorproduktivität (MFP) wird als Saldowert gemessen. Sie entspricht der Differenz zwischen dem realen Wirtschaftswachstum (gemessen am BIP zu Preisen des Vorjahres) und den Beiträgen der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital (Veränderungen des Arbeits- und Kapitalinputs, welche entsprechend ihrem jeweiligen Anteil an den Gesamtproduktionskosten gewichtet werden). Die MFP ist somit im Gegensatz zu Arbeits- und Kapitalproduktivität nicht direkt messbar.
ΔMFPt = ΔQt - [αtΔLt + (1-αt)ΔKt]
Wobei Qt das reale BIP, Lt den Arbeitsinput, Kt den Kapitalinput und αt und 1-at die jeweiligen Kostenanteile im Jahr t bezeichnen. Das Symbol Δ steht für die jährliche Wachstumsrate einer Variablen.
Der nichtfinanzielle Kapitalstock gemäss der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung kann nicht direkt für Schätzungen zur Kapitalproduktivität verwendet werden, da dieser nur den Stand der Anlagegüter misst (Bestandesgrösse). Zur Messung des Beitrags der einzelnen Kapitalgüter im Produktionsprozess muss der Wert der aus diesem Kapitalgut hervorgehenden Leistungen (Flussgrösse) und nicht der Wert des Anlagegutes selbst herangezogen werden. Mit anderen Worten müssen die Kapitalleistungen oder Kapitaldienste bestimmt werden, den der Faktor Kapital zur Produktion leistet. Als Kapitalinput werden in der Folge die Kapitalleistungen herangezogen.
Die Daten zur Multifaktorproduktivität liegen nur auf gesamtwirtschaftlicher Ebene vor. Detaillierte Daten der MFP auf der Ebene Wirtschaftssektoren oder Branchen können nicht zur Verfügung gestellt werden, da die hierzu benötigten Grunddaten insbesondere zu den Kapitalleistungen fehlen.
Nein. Die Aggregationsmethode der Kapitalleistungen für der verschiedenen Anlagegüter beruht beim verwendeten Ansatz auf der Berechnung eines Indizes (Törnqvist-Index). Aus diesem Grund werden die Werte zur Multifaktorproduktivität nur als Veränderungsraten zur Verfügung gestellt.
Auf der Grundlage der Definition der MFP lassen sich folgende Analysen durchführen:
- Beitrag der Produktionsfaktoren und der MFP zum Wirtschaftswachstum:
ΔQt = ΔMFPt + [αtΔLt + (1-αt)ΔKt]
Wobei Qt das reale BIP, Lt den Arbeitsinput, Kt den Kapitalinput und αt und 1-αt die jeweiligen Kostenanteile im Jahr t bezeichnen.
- Beitrag der MFP sowie Beitrag der Kapitalintensivierung zum Wachstum der Arbeitsproduktivität. Mit der Kapitalintensivierung wird der Einfluss der Kombination der Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit auf die Entwicklung der Arbeitsproduktivität gemessen.
Um besser zu verstehen, in welchem Bezug die MFP und die Arbeitsproduktivität (LPt) zueinander stehen, kann der Ausdruck für die Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität wie folgt umgeformt werden:
ΔLPt = ΔQt - ΔLt = ΔQt - [αtΔLt + (1 - αt)ΔKt] + [(1 - αt)ΔKt - (1 - αt)ΔLt]
= ΔMFPt + (1 - αt)(ΔKt - ΔLt)
Beitrag der Kapitalintensivierung
Die Differenz der Wachstumsraten ΔKt und ΔLt wird als Kapitalintensivierung bezeichnet.
Die Daten der OECD beruhen auf einer Untergliederung der Anlagegüter in lediglich acht Kategorien. Das BFS zieht jedoch 22 Anlagegüterkategorien in die Berechnung mit ein. Dies und weitere methodologische Unterschiede sind der Grund, weshalb die von der OECD für die Schweiz berechnete Reihe der MFP geringfügig von jener des BFS abweicht. Insbesondere sind die von der OECD herangezogenen Daten zur mittleren Lebensdauer und Preisentwicklung der Anlagegüterkategorien international harmonisiert, um einen möglichst hohen Grad der Vergleichbarkeit zwischen den Ländern zu gewährleisten.
Weiterführende Informationen
Kontakt
Bundesamt für Statistik Sektion Wirtschaftsstruktur und -analysen (WSA)Wachstums- und Produktivitätsstatistik (WPS)
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