Ein Hauptmerkmal des Aufbaus einer Gesellschaft ist die Haushaltsstruktur, d.h. die Verteilung der Haushalte nach Typ, der durch die Beziehungen zwischen den Haushaltsmitgliedern definiert wird. Die Haushaltsstruktur widerspiegelt die Lebenszyklen der einzelnen Individuen, die wiederum von sozialen Normen geprägt sind, und bestimmt unter anderem, ob Dienstleistungen wie z.B. Kinderbetreuung und Pflege durch unbezahlte Arbeit erbracht werden oder ob eine Nachfrage nach Leistungen durch öffentliche oder private Dienste existiert. Weitere Bezugspunkte bestehen zwischen Haushaltsstruktur, Arbeitsmarkt und Einkommen (Zahl der Erwerbstätigen in einem Haushalt, Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Haus- und Familienarbeit und Freizeit) sowie zwischen Haushaltsstruktur und Sozialkapital (soziales Netz innerhalb oder ausserhalb des Haushalts). Armutsgefährdung, materielle Entbehrung sowie die allgemeine Lebenszufriedenheit variieren je nach Haushaltstyp, in denen die einzelnen Individuen leben. Da ein Privathaushalt gemäss Definition einer Wohnung entspricht, entwickelt sich die Haushaltsstruktur parallel zum Gebäude- und Wohnungsbestand.
Stand 14. Dezember 2023
Die wichtigsten Ergebnisse
Die Bevölkerung lebt zunehmend in immer kleineren Haushalten. Der Anteil der Paarhaushalte mit Kindern ist seit 1990 deutlich zurückgegangen. Die häufigsten Haushaltstypen sind 2021 Einpersonenhaushalte sowie Paarhaushalte ohne Kinder, danach kommen die Paarhaushalte mit Kindern unter 25 Jahren. Die subjektive Einschätzung der Lebenszufriedenheit und die finanzielle Sicherheit sind in Einelternhaushalten im Vergleich zu vielen anderen Haushaltstypen deutlich weniger gut.
Kontext
Die Zunahme bei den Paarhaushalten ohne Kinder und den Einpersonenhaushalten ist teilweise auf die zunehmende Alterung der Bevölkerung zurückzuführen. Damit verbunden ist ein Anstieg der Anzahl Personen, deren Kinder ausgezogen oder die verwitwet sind. Ein weiterer Faktor für die Zunahme ist die fortschreitende Individualisierung unserer Gesellschaft, die wiederum mit der Erhöhung des materiellen Wohlstands zusammenhängt. Dieser erlaubt es, auf die Skaleneffekte (Synergien) zu verzichten, die durch das Zusammenleben in grossen Haushalten erzielt werden.
Die Einelternhaushalte, die häufig aus Trennungen und Scheidungen der Eltern hervorgehen, sind bei den armutsgefährdeten Haushalten übervertreten. [vgl. Publikation Familien in der Schweiz]. In 82% der Fälle lebt die Mutter mit dem oder den Kindern alleine in einem Haushalt weiter. Wenn ein Elternteil mit einer neuen Partnerin oder einem neuen Partner zusammenzieht, entsteht eine Patchworkfamilie. 2021 sind 7% der Paarhaushalte mit mindestens einem Kind unter 25 Jahren Patchworkfamilien.
Obschon Heirat und Geburt in der Schweiz nach wie vor eng miteinander verknüpft sind, ist der Anteil nicht ehelicher Kinder zwischen 1990 (5%) und 2021 (29%) stetig angewachsen. Bei den Paarhaushalten mit mindestens einem Kind unter 25 Jahren sind 11% der Paare nicht verheiratet. Dieser Anteil ist bei den Patchworkfamilien deutlich höher.
Vergleich mit subjektiven Daten
Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Haushaltstyp, in dem Personen leben, und deren Lebenszufriedenheit. So sind Personen in Paarhaushalten deutlich zufriedener als Personen unter 65 Jahren, die in Einpersonenhaushalten leben (vgl. Indikator Lebenszufriedenheit).
Internationaler Vergleich
---
Methodologie
In der Schweiz ist die seit 2010 jährlich durchgeführte Strukturerhebung die Hauptquelle für statistische Daten zu den Haushalten. Vor 2010 konnten diesbezügliche Daten nur alle 10 Jahre anlässlich der Volkszählung umfassend erhoben werden. Bei der Strukturerhebung handelt es sich um eine Stichprobenerhebung. Daher enthalten die Ergebnisse Vertrauensintervalle, die den Präzisionsgrad anzeigen. Diese Vertrauensintervalle werden hier nicht verwendet.
Beim Übergang zum neuen Volkszählungssystem wurde einerseits die Definition der ständigen Wohnbevölkerung leicht verändert und andererseits die Haushaltstypologie an die sozialen Veränderungen und die internationalen Standards angepasst. Trotz des Bruchs in der Reihe können grobe Vergleiche vorgenommen werden.
Definitionen
Definition des Indikators
Die Haushaltsstatistik ist ein Teil der öffentlichen Statistik, bei der der Haushalt die Erhebungseinheit ist. Gliederungskriterien sind z.B. die Zahl der Personen oder die verwandtschaftlichen Verhältnisse der Haushaltsmitglieder und führen zu einer Klassifikation der Haushalte nach Haushaltstyp. Unter dem Oberbegriff «Privathaushalt» werden alle Wohn- und Lebensformen des privaten Lebens zusammengefasst. Ein Privathaushalt ist immer identisch mit einer Wohnung, in der eine Person alleine lebt bzw. die von einer Gruppe von Personen geteilt wird. Privathaushalte werden unterteilt in Familienhaushalte und Nichtfamilienhaushalte (dazu zählen z.B. auch Einpersonenhaushalte). Erstere umfassen immer mindestens einen Familienkern, der entweder aus einem Paar mit Kindern oder ohne Kinder oder einem Elternteil mit mindestens einem Kind besteht. In allen Familienhaushalten können auch weitere, nicht zum Familienkern gehörende, Personen wohnen.
Publikationen