Um ein zutreffendes Bild über die finanzielle Situation der privaten Haushalte zu erhalten, reicht es nicht, nur deren Einkommen und Vermögen zu untersuchen. Vielmehr muss auch die Schuldensituation berücksichtigt werden. Durch die Aufnahme von Schulden können die Haushalte ihre finanziellen Möglichkeiten kurzfristig erhöhen, der längerfristige Handlungsspielraum sinkt hingegen, da Schulden inklusive Zinsen zurückbezahlt werden müssen. Die Verschuldung der privaten Haushalte kann dazu führen, dass die finanziellen und materiellen Möglichkeiten des Haushalts geschmälert werden. Sie kann das Risiko der Haushalte, in die Armut zu geraten, erhöhen und so langfristig die Wohlfahrt beeinträchtigen.
Die Schulden wurden auf individueller Ebene erhoben und solidarisch allen Haushaltsmitgliedern zugewiesen. Die publizierten Resultate geben somit den prozentualen Anteil der Bevölkerung an, der in einem Haushalt mit einer bestimmten oder mehreren Schuldenart(en) lebt.
Hypotheken auf den Hauptwohnsitz werden bei diesem Indikator nicht berücksichtigt.
Stand 14. Dezember 2022
Die wichtigsten Ergebnisse
Im Jahr 2020 leben mehr als vier von zehn Personen (42,9%) in einem Haushalt mit mindestens einer Verschuldung, 15,9% in einem Haushalt mit mindestens zwei Schuldenarten und 6,9% in einem Haushalt mit mindestens drei. Darunter lassen insbesondere Zahlungsrückstände auf eine prekäre finanzielle Situation eines Haushalts schliessen. 14,9% der Bevölkerung leben in einem Haushalt mit mindestens einem Zahlungsrückstand, womit sie und Fahrzeugleasings die häufigsten Arten von Schulden in der Schweiz sind.
Kontext
Die Bevölkerungsgruppen, die am häufigsten in einem Haushalt mit mindestens drei Schuldenarten leben, sind von materieller Entbehrung betroffene Personen (30,2%), Erwerbslose (15,9%), Ausländerinnen und Ausländer (10,9%) und Haushalte mit Kind(ern) (9,5%). Personen, die in der französischen Schweiz wohnen, sind ebenfalls häufiger betroffen als Personen in der deutschen oder rätoromanischen Schweiz (10,6% im Vergleich zu 5,1%).
39,4% der Bevölkerung leben im Jahr 2020 in einem Haushalt, der mindestens einen Kredit aufgenommen hat, eine Kontoüberziehung oder eine unbezahlte Kreditkartenrechnung hatte. Dazu zählen Fahrzeugleasing, Kleinkredit/Konsumkredit, Ratenzahlung, Hypotheken ausser auf den Hauptwohnsitz und Verschuldung bei Familie oder Freunden, die nicht im selben Haushalt leben. Unabhängig von der Art des Kredits sind die häufigsten Gründe für die Aufnahme eines solchen der Erwerb eines Fahrzeugs, (18,6%), sowie von Einrichtungsgegenständen für den Hauptwohnsitz oder eine Hypothek ausser auf den Hauptwohnsitz (16,0%).
Vergleich mit subjektiven Daten
Im Jahr 2020 waren 5,8% der Bevölkerung mit der Aussage «Manchmal möchte ich etwas unbedingt haben und kaufe es, auch wenn ich es mir eigentlich nicht leisten kann» absolut einverstanden (Werte von 8, 9 oder 10 auf einer Skala von 0 bis 10). Besonders hoch sind die Zustimmungsraten bei Einelternhaushalten, bei Personen mit materiellen Entbehrungen und bei denen, die in der französischen Schweiz leben. Die Anteile der Personen, die mit der Aussage absolut einverstanden sind, sind bei Personen in Haushalten mit mindestens einem Zahlungsrückstand signifikant höher als bei Personen in Haushalten ohne Zahlungsrückstände (10,1% im Vergleich zu 5,2%).
Internationaler Vergleich
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Tabellen
Methodologie
Erhebung über die Einkommen und Lebensbedingungen (SILC)
Die Erhebung SILC (Statistics on Income and Living Conditions) ist eine europaweit koordinierte Erhebung, die jedes Jahr in über 30 Ländern durchgeführt wird. Ziel der Erhebung ist die Untersuchung der Einkommensverteilung, der Armut, der sozialen Ausgrenzung und der Lebensbedingungen anhand von europaweit vergleichbaren Indikatoren. In der Schweiz basiert die Erhebung auf einer Stichprobe von rund 8000 Haushalten mit etwas über 18 000 Personen, die mit einem Zufallsverfahren aus dem Stichprobenrahmen für Personen- und Haushaltserhebungen (SRPH) des BFS gezogen werden. Grundgesamtheit ist die ständige Wohnbevölkerung in Privathaushalten. Die an der Erhebung teilnehmenden Personen werden während vier aufeinanderfolgenden Jahren befragt. Auf diese Weise können wesentliche Veränderungen der Lebensverhältnisse einzelner Personen beschrieben und die Entwicklung der Lebensbedingungen untersucht werden.
Alle 4 bis 6 Jahre wird der Umfrage ein Modul angehängt, das alle Personen über 18 Jahren über ihre private Schuldensituation befragt. Aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsmethoden der Jahre 2008, 2013 und 2017 sind die Daten nicht vollumfänglich vergleichbar.
Definitionen
Definition des Indikators
Zu den Verschuldungsarten zählen die Fahrzeug-Leasings, Klein- oder Konsumkredite, Ratenzahlungen, Verschuldungen bei der Familie oder Freunden, Hypotheken ausser auf den Hauptwohnsitz, Zahlungsrückstände, sowie Kontoüberziehungen oder unbezahlte Kreditkartenrechnungen.
Berücksichtigt wird einzig das Vorhandensein von Schulden, ohne Berücksichtigung des Betrags.
Die Schulden wurden auf individueller Ebene erhoben und solidarisch allen Haushaltsmitgliedern zugewiesen. Die publizierten Resultate geben somit den prozentualen Anteil der Bevölkerung an, der in einem Haushalt mit einer bestimmten oder mehreren Schuldenart(en) lebt.
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