Armutsquote

Eine umfassende Wohlfahrtsmessung muss auch Informationen über benachteiligte Gruppen und deren Situation enthalten. Gemäss Präambel der Bundesverfassung misst sich die Stärke eines Volkes am Wohl der Schwachen. Der Indikator «Armutsquote» gibt an, wie hoch der Anteil der Bevölkerung ist, deren Einkommen unter einer finanziell definierten Armutsgrenze liegt. Zudem enthält der Indikator Informationen über die sozio-ökonomische Struktur der armen Personen bzw. Haushalte.
Wie in der Armutsforschung üblich, werden verschiedene Konzepte zur Bestimmung von Armut verwendet. Das absolute Armutskonzept («Armut») basiert auf einer Armutsgrenze in Höhe des sozialen Existenzminimums. Es wird ergänzt durch das international gängige relative Armutskonzept («Armutsgefährdung»). Um auch nicht monetäre Aspekte der Armut erfassen zu können, wird weiter ein ebenfalls europäisch definierter Indikator zur Messung der materiellen Entbehrung verwendet. Eine besondere Beachtung kommt zudem der Armut von erwerbstätigen Personen zu, da die Ausübung einer Erwerbstätigkeit als Mittel zur Reduktion des Armutsrisikos gilt.

Tabellen

Methodologie

Die Einkommensdaten in SILC 2021 beziehen sich auf das Jahr 2020, also während der Covid-19-Pandemie. Alle anderen Ergebnisse repräsentieren die Situation im ersten Halbjahr 2021 (Datenerhebung von Januar bis Juni 2021). Um den finanziellen Vorteilen bei selbst genutztem Wohneigentum oder Mietobjekten, deren Mietzinsen unter dem marktüblichen Preis liegen, Rechnung zu tragen, wird bei der Armutsgefährdungsquote zum Bruttoeinkommen der betreffenden Haushalte ein Betrag addiert, der dem Nutzungswert des Objekts abzüglich der effektiven Wohnkosten entspricht («fiktive Miete»). Da die fiktive Miete noch nicht von allen Ländern berechnet wird, basiert der internationale Vergleich auf einem verfügbaren Äquivalenzeinkommen ohne fiktive Miete. Beim absoluten Armutskonzept wird generell das Haushaltseinkommen ohne fiktive Miete verwendet, da die Wohnkosten bereits in der Armutsgrenze berücksichtigt sind.

Definitionen

Definition des Indikators
Armut kann allgemein beschrieben werden als Unterversorgung in wichtigen Lebensbereichen (materiell, kulturell und sozial), die zur Folge hat, dass die betroffenen Personen nicht den minimalen Lebensstandard erreichen, der im Land, in dem sie leben, als annehmbar empfunden wird. In der Regel wird Armut finanziell definiert, wobei üblicherweise zwei Ansätze angewendet werden: der absolute und der relative Ansatz.

Die Armutsquote basiert auf einer «absoluten» Grenze: Als arm gelten demnach Personen, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um die für ein gesellschaftlich integriertes Leben notwendigen Güter und Dienstleistungen zu erwerben. Die verwendete Armutsgrenze leitet sich von den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) ab, welche in der Schweiz als Bemessungsgrundlage für den Sozialhilfebezug breite Verwendung finden. Eine so definierte Armutsquote eignet sich als sozialpolitische Zielgrösse, da sich die finanzielle Unterstützung armer Personen oder Haushalte direkt in einer messbaren Reduktion der Armut niederschlägt.

Die Armutsgefährdungsquote basiert auf einer «relativen» Grenze: Als armutsgefährdet gelten Personen in Haushalten mit einem Einkommen, das deutlich unter dem üblichen Einkommensniveau des betreffenden Landes liegt. Armut wird somit als eine Form der Ungleichheit betrachtet: Ob eine Person als armutsgefährdet gilt, hängt also nicht allein von ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation ab (resp. derjenigen ihres Haushalts), sondern auch vom landesspezifischen Wohlstandsniveau. Da dieser Indikator unabhängig von länderspezifischen Faktoren wie z.B. der Sozialgesetzgebung überall gleich berechnet werden kann, eignet er sich für internationale Vergleiche.

In beiden Konzepten werden die verschiedenen Einkommensquellen der Haushalte berücksichtigt, nicht jedoch ihre allfälligen Vermögensbestände (Einkommensarmut).

Eine Person gilt als materiell und sozial depriviert, wenn sie aus finanziellen Gründen einen Mangel in mindestens 5 von 13 Bereichen des täglichen Lebens aufweist, die von den meisten Menschen in Europa als wünschenswert oder sogar notwendig angesehen werden, um ein angemessenes Leben zu führen. Bei einem Mangel in mindestens 7 der 13 Bereiche wird von erheblicher materieller und sozialer Deprivation gesprochen.
Auf Haushaltsebene werden folgende Bereiche berücksichtigt:
• Keine Zahlungsrückstände (Miete oder Hypothekarzinsen für den Hauptwohnsitz, laufende Rechnungen für Wasser, Strom, Gas und Heizung sowie Kreditrückzahlungen)
• In der Lage sein, unerwartete Ausgaben von 2500 Franken innerhalb eines Monats zu tätigen
• In der Lage sein, eine Woche Ferien pro Jahr weg von zu Hause zu finanzieren
• In der Lage sein, mind. jeden 2. Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder vegetarischer Entsprechung zu haben
• In der Lage sein, die Wohnung ausreichend zu heizen
• Ein Auto zur privaten Nutzung haben
• Ersetzen von abgenutzten Möbeln
Auf individueller Ebene werden folgende Bereiche berücksichtigt:
• Internetzugang zu Hause (inkl. Smartphone, Tablet etc.)
• Abgetragene Kleider mit einigen neuen Kleidern ersetzen können
• Besitz von zwei Paar passenden Schuhen, davon ein Allwetterpaar
• Jede Woche etwas Geld für sich selbst ausgeben, ohne jemanden fragen zu müssen
• Regelmässige kostenpflichtige Freizeitbeschäftigung
• Mind. einmal im Monat Freunde oder Familie zum Trinken oder Essen treffen.

Erwerbstätige sind hier definiert als Personen ab 18 Jahren, die im Vorjahr der Erhebung während mehr als der Hälfte der Monate einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachgingen (häufigster Erwerbsstatus).

Publikationen

Kontakt

Bundesamt für Statistik Espace de l'Europe 10
CH-2010 Neuchâtel
Schweiz

Kontakt

https://www.bfs.admin.ch/content/bfs/de/home/statistiken/querschnittsthemen/wohlfahrtsmessung/alle-indikatoren/gesellschaft/armutsquote.html