Nachhaltige Entwicklung wird hier mit Prinzipien konkretisiert. Die Prinzipien bilden den Referenzrahmen, mit dem sich beobachtete Entwicklungen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit einordnen lassen. Sie bildeten den Referenzrahmen für das MONET-System von 2003 bis 2019. Jeder Indikator musste sich direkt aus mindestens einem Prinzip ableiten lassen. Sie wurden in dieser Funktion durch die im Schweizer Kontext übersetzten Unterziele der Agenda 2030 teilweise ersetzt. Derzeit sind nur Indikatoren, die sich auf Themen beziehen, die spezifisch für die Schweiz sind und in der Agenda 2030 nicht oder nur teilweise behandelt werden, mit einem der Prinzipien verknüpft.
Die Prinzipien werden thematisch den Zieldimensionen «gesellschaftliche Solidarität», «wirtschaftliche Leistungsfähigkeit» und «ökologische Verantwortung» zugeordnet und in 20 Bereiche gegliedert.
1a Gewährleistung der Menschenrechte
Jedes Mitglied der Gesellschaft hat das Recht auf ein menschenwürdiges Leben und auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Demokratie, Rechtssicherheit und kulturelle Vielfalt sind gewährleistet.
1b Grenzen der individuellen Freiheit
Die individuellen Entfaltungsmöglichkeiten haben ihre Grenzen dort, wo die Menschenwürde gleichzeitig lebender Individuen oder künftiger Generationen beeinträchtigt wird.
2a Bedürfnisdeckung
Die Deckung der Grundbedürfnisse aller Individuen ist langfristig sicherzustellen. Zur Deckung der darüber hinaus gehenden materiellen und immateriellen Bedürfnisse soll den Individuen ein angemessener Spielraum eingeräumt werden.
2b Gesundheitsförderung
Die Gesundheit des Menschen soll geschützt und gefördert werden.
2c Armutsbekämpfung
Ein menschenwürdiges Leben ist frei von Armut. Bedürftige Mitglieder der Gesellschaft sollen Solidaritätsleistungen erhalten.
3a Zufriedenheit und Glück
Die Möglichkeiten für gegenwärtige und künftige Generationen, Lebenszufriedenheit und Glück zu finden, sollen erhalten und gefördert werden.
3b Wohlbefinden berücksichtigende Entwicklung
Der sozioökonomische Wandel und die Veränderungen der Umwelt dürfen nicht auf Kosten des physischen und psychischen Wohlbefindens des Individuums gehen.
4a Diskriminierungsverbot
Niemand darf aufgrund äusserer oder innerer Eigenschaften diskriminiert werden.
4b Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit
Jedes Mitglied der Gesellschaft soll dieselben Rechte und Chancen haben. Ein gerechter Zugang zu Ressourcen und deren gerechte Verteilung ist anzustreben.
4c Integration Benachteiligter
Die Integration benachteiligter Bevölkerungsgruppen und Regionen ins wirtschaftliche, soziale, kulturelle und politische Leben soll gefördert werden.
5a Interkulturelle und personelle Verständigung In Anerkennung der Tatsache, dass die Funktionstüchtigkeit und Überlebensfähigkeit der Gesellschaft wesentlich im solidarischen Handeln ihrer Mitglieder gründen, sollen der Austausch und die Verständigung zwischen Einzelnen, Gruppen und Menschen verschiedenen Alters gefördert werden.
5b Soziale und politische Partizipation Die soziale und politische Partizipation soll gefördert werden.
6a Entwicklungszusammenarbeit
Eine weltweit gerechte Entwicklung soll gefördert werden. Dies beinhaltet den Abbau von Ungleichheiten auf globaler Ebene. Zentral sind die Armutsbekämpfung und die Unterstützung der benachteiligten Länder, Regionen und Bevölkerungsgruppen.
6b Friedens- und Demokratieförderung
Das friedliche Zusammenleben der Völker und Nationen, die Achtung der Menschenrechte und demokratische Staatsstrukturen sollen gefördert werden.
6c Multilaterale Politik
Die multilaterale Politik soll den Erhalt der natürlichen Ressourcen und die Einhaltung der Menschenrechte fördern.
7a Entwicklung des Humankapitals
Das kollektive Wissen und das soziokulturelle Erbe sollen vermehrt, zwischen Bevölkerungsgruppen ausgetauscht und für künftige Generationen erhalten werden.
7b Informations- und Meinungsfreiheit
Informationen sollen ungehindert fliessen. Freie Meinungsbildung und Meinungsäusserung sind zu gewährleisten.
7c Förderung der Lernfähigkeit
Die Fähigkeit, Informationen differenziert aufzunehmen und zudeuten, soll gefördert werden.
7d Kindergerechtes Umfeld
Kinder und Jugendliche sollen in einem offenen, motivierenden und zukunftsgerichteten Umfeld leben können.
Prinzipien zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
Wirtschaftsordnung im Dienste des Gemeinwohls
Wirtschaftliches Handeln soll individuelle und gesellschaftliche Bedürfnisse effektiv und effizient befriedigen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind so zu gestalten, dass sie die persönliche Initiative fördern und dabei das Eigeninteresse in den Dienst des Wohlergehens derzeitiger und künftiger Bevölkerung stellen.
9a Markt als Wirtschaftsordnung
Die Güterallokation soll grundsätzlich auf freien Märkten erfolgen. Bei Marktversagen oder bei Gütern mit überwiegend öffentlichem Interesse (meritorischen Gütern) sind Eingriffe in den freien Markt gerechtfertigt.
9b Kostenwahrheit und Verursacherprinzip
Die Preise sollen die Knappheit der natürlichen Ressourcen und Senken widerspiegeln sowie die externen Kosten enthalten. Das Verursacherprinzip soll konsequent angewendet werden.
9c Systemkonforme Markteingriffe
Bei Eingriffen ins Marktgeschehen sollen in erster Linie marktwirtschaftliche Instrumente eingesetzt werden.
10a Förderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
Die ökonomische Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft muss über die Zeit zumindest erhalten werden. Ein effizienter Einsatz der natürlichen Ressourcen, sowie eine zukunftsgerichtete Wirtschaftsstruktur sollen gefördert werden.
10b Innovations- und wettbewerbsfreundliche Wirtschaftsordnung
Die Rahmenbedingungen des marktwirtschaftlichen Systems sollen so gestaltet werden, dass Innovationen und Wissenstransfer angeregt und funktionsfähige Märkte aufrechterhalten beziehungsweise verbessert werden. Die Wettbewerbsfähigkeit und die Standortqualität sollen erhalten und gefördert werden.
10c Forschungsförderung
Forschung und Entwicklung, welche die Nachhaltige Entwicklung unterstützen, sollen gefördert werden.
10d Langfristige Ausrichtung der öffentlichen Finanzen
Der gegenwärtige Umgang mit den öffentlichen Finanzen darf die individuelle und gesellschaftliche Bedürfnisdeckung künftiger Generationen nicht gefährden.
10e Erhaltung des produzierten Kapitals
Bereits produziertes Kapital wie Hoch- und Tiefbauten, Maschinen oder Ausrüstungsgüter soll durch Investitionen erhalten, erneuert oder durch nachhaltigere Alternativen ersetzt werden.
11a Voraussehbarkeit von Systemänderungen
Die Rahmenbedingungen des marktwirtschaftlichen Systems sollen so gestaltet werden, dass sich eine langfristige Orientierung lohnt und der gesellschaftliche Wandel, der zur Anpassung an die zukünftigen Erfordernisse nötig ist, erleichtert wird.
11b Sozialverträgliche Veränderungsgeschwindigkeit
Die Geschwindigkeit respektive Langsamkeit von Veränderungen der Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen Systems darf den sozialen Frieden nicht gefährden.
12a Umweltgerechte Produktion
Die von Produktionsbetrieben ausgehenden Umweltbelastungen und -risiken sollen minimiert, die Energie- und Materialflüsse optimiert werden.
12b Umwelt und sozialgerechter Konsum
Der Konsum von Gütern und Dienstleistungen soll möglichst umweltverträglich und sozial gerecht sein.
12c Transparente Betriebs und Konsumenteninformation
Innerhalb und ausserhalb von Produktionsbetrieben sollen Informationen bereitgestellt werden, die für möglichst nachhaltige Produktionsweisen und Konsumgewohnheiten nützlich sind (beispielsweise mit Umweltmanagementsystemen).
Sinnstiftende und existenzsichernde Beschäftigung
Das wirtschaftliche System soll Personen, welche eine Erwerbstätigkeit wünschen, eine sinnstiftende Arbeit ermöglichen, mit der sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
14a Umwelt und sozialverträglicher Welthandel
Das multilaterale Handelssystem soll die soziale Gerechtigkeit und den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen begünstigen sowie den Transfer hierfür benötigter Technologien fördern.
14b Allseitig nutzbringender Welthandel
Das multilaterale Handelssystem soll die Deckung der individuellen und gesellschaftlichen Bedürfnisse einer Nation fördern, ohne dass dadurch die Bedürfnisdeckung in anderen Nationen verschlechtert wird.
15a Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen
Die natürlichen Lebensgrundlagen sollen langfristig erhalten und bestehende Schäden behoben werden.
15b Erhaltung der Biodiversität
Die Natur muss in ihrer dynamischen Vielfalt erhalten bleiben. Jede Beeinträchtigung der Natur soll soweit kompensiert werden, dass die Erhaltung der biologischen Vielfalt sowie die Qualität und Vernetzung der Lebensräume gewährleistet bleibt.
16a Verbrauchsbegrenzung für erneuerbare Ressourcen
Der Verbrauch erneuerbarer Ressourcen ist unter dem Regenerationsniveau zu halten.
16b Verbrauchsbegrenzung für nicht erneuerbare Ressourcen
Nicht erneuerbare Ressourcen sollen höchstens in dem Ausmass verbraucht werden, wie ein Ersatz durch erneuerbare Ressourcen möglich ist.
17a Begrenzung abbaubarer Abfälle und Schadstoffe
Die Belastung der Umwelt durch abbaubare Abfälle und Schadstoffe ist zu minimieren. Die Verschmutzung soll die Absorptionsfähigkeit der Ökosysteme nicht übersteigen.
17b Verzicht auf nicht abbaubare Schadstoffe
Die Emission nicht abbaubarer Schadstoffe in die Umwelt soll wenn immer möglich verhindert werden.
18a Minimierung der Risiken bedingt durch Naturkatastrophen
Die Menschen, deren natürlichen Lebensgrundlagen sowie die Infrastruktur sollen durch Präventivmassnahmen oder Anpassungsmassnahmen vor den Auswirkungen von Naturkatastrophen geschützt werden.
18b Minimierung von menschenverursachten Risiken
Durch menschliche Aktivitäten verursachte Risiken mit schweren Auswirkungen auf Mensch und Biosphäre sind nur so weit zulässig, als sie keine dauerhaften Schäden über eine Generation hinaus verursachen.
18c Vorsorge bei Ungewissheit
Schweren oder irreversiblen Umweltschäden soll vorgebeugt werden, auch wenn noch keine absolute wissenschaftliche Sicherheit bezüglich des effektiven Risikos besteht. Dazu gehört, dass gegen den Klimawandel und dessen Auswirkungen vorsorglich Massnahmen getroffen werden sollen.
Rücksicht auf das Zeitmass natürlicher Prozesse
Anthropogene Eingriffe in die Natur dürfen nicht in kürzerer Zeit erfolgen, als natürliche Prozesse für die Regeneration und Anpassung benötigen.
Lebenswerte Natur- und Kulturlandschaft
Die Gestaltung des natürlichen Lebensraumes des Menschen muss sich von der Idee der Menschenrechte leiten lassen. Die Würde des Menschen verlangt eine lebenswerte Natur- und Kulturlandschaft, zu der alle Menschen einen gleichberechtigten Zugang haben sollen.
Jeder Indikator des MONET 2030-Systems wird von drei Symbolen begleitet:
Angestrebte Entwicklungen
Das erste Symbol zeigt die angestrebte Entwicklung gemäss den Zielen der Nachhaltigen Entwicklung. Zu diesen Zielen gehören Ziele der nachhaltigen Entwicklung der Agenda 2030 (SDG) und die im schweizerischen Kontext angepassten Unterziele, Prinzipien der Nachhaltigen Entwicklung oder quantitative und datierte Ziele.
Beobachtete Entwicklungen
Das zweite Symbol veranschaulicht die beobachtete Entwicklung ausgehend von der berechneten Tendenz für den untersuchten Zeitraum, in der Regel von 2000 oder dem Datum der ersten Erhebung, falls dieses nach 2000 liegt, bis zum letzten verfügbaren Wert.
Zusammenfassung: beobachtete Entwicklung im Vergleich zur angestrebten Entwicklung
Das dritte Symbol fasst die ersten beiden zusammen und ermöglicht so eine Beurteilung der beobachteten Entwicklung. Diese ist positiv, wenn sie der angestrebten Entwicklung entspricht, andernfalls negativ. Die Entwicklung gilt als unverändert, wenn sie zwischen +3% und -3% liegt.
Detaillierte Erklärungen sind im PDF unten verfügbar.
Übersicht über die aktuellen Praktiken bei der indikatorbasierten Beurteilung
Dieser Bericht (nur in Englisch verfügbar) verschafft einen Überblick über die aktuelle Praxis in Europa im Bereich der indikatorbasierten Bewertung für die Nachhaltige Entwicklung.