Gemäss ISO-Norm 2789 werden Bibliotheken je nach ihrer Funktion in fünf Kategorien eingeteilt. Diese Kategorien schliessen sich nicht gegenseitig aus. Demzufolge kann eine Bibliothek verschiedene Funktionen haben und somit mehreren Kategorien angehören, wie dies beispielsweise bei Kantons- und Universitätsbibliotheken der Fall ist.
Die Nationalbibliothek ist für den Erwerb, die Sammlung und Erhaltung von gedruckten und/oder digitalen Dokumenten verantwortlich, die im oder über das Land veröffentlicht worden sind. Kantonsbibliotheken übernehmen die gleiche Aufgabe auf kantonaler Ebene. Öffentliche Bibliotheken wiederum dienen der gesamten Bevölkerung einer lokalen oder regionalen Gemeinschaft (insbesondere Stadt- oder Gemeindebibliotheken). Dazu zählen auch öffentlich zugängliche Schulbibliotheken. Hochschul- und Forschungsbibliotheken decken den dokumentarischen Bedarf für Studium, Lehre und Forschung ab, während Spezialbibliotheken einem bestimmten Wissensgebiet gewidmet sind. Alle Bibliotheken einer Einheit gehören zur gleichen Kategorie bzw. zu den gleichen Kategorien.
Bibliothekskategorien, 2022
Anzahl Bibliotheken
In %
Nationalbibliothek
2
0,1%
Kantonsbibliotheken
119
8%
Öffentliche Bibliotheken
1'117
75%
Hochschul- und Forschungsbibliotheken
278
19%
Spezialbibliotheken
214
14%
Eine Bibliothek kann verschiedene Funktionen haben und somit mehreren Kategorien angehören.
Anhand dieser Kategorien wurde eine binäre und exklusive Typologie von Bibliotheken erstellt: wissenschaftliche und öffentliche Bibliotheken. Bibliotheken, die angaben, lediglich der Kategorie «öffentliche Bibliothek» anzugehören, wurden als «öffentliche Bibliotheken» eingestuft. Sobald die Bibliothek auch – oder ausschliesslich – einer anderen Kategorie zugeordnet wurde, galt sie als «wissenschaftliche Bibliothek».
Bibliothekstypen, 2022
Anzahl Bibliotheken
In %
Wissenschaftliche Bibliotheken
460
31%
Öffentliche Bibliotheken
1'020
69%
Total
1'480
100%
Öffentliche Bibliotheken sind am zahlreichsten. 2022 machten sie mehr als zwei Drittel aller Schweizer Bibliotheken aus.
Standort der Bibliotheken
Im Jahr 2022 zählte das BFS 1480 öffentlich zugängliche Bibliotheken in der Schweiz. Nahezu zwei Drittel davon befanden sich in der Deutschschweiz, was in etwa der Verteilung der Bevölkerung entspricht.
In der Schweiz gibt es durchschnittlich 16,8 Bibliotheken pro 100'000 Einwohnerinnen und Einwohner. Das sind mehr als bei anderen Arten von Kultureinrichtungen wie Museen (2021: 12,4) oder Kinos (3,0).
Bibliothekendichte nach Gemeindetyp, 2022
Anzahl Bibliotheken pro 100'000 Einwohner/-innen
Kerngemeinden
15,6
Agglomerationsgemeinden
17,6
Ländliche Gemeinden
20,4
Schweizer Durchschnitt
16,8
In ländlichen Gemeinden ist die Bibliotheksdichte am höchsten, in den Kerngemeinden am tiefsten. Es ist eine ausgewogenere Verteilung zu beobachten als beispielsweise bei Museen (23,4 Museen in ländlichen Gemeinden, 11,3 in Agglomerationsgemeinden und 10,1 in Kerngemeinden; Zahlen von 2021).
Dieses Angebot ist räumlich sehr gut verteilt: So verfügten 40% der Schweizer Gemeinden im Jahr 2022 über mindestens eine Bibliothek in ihrem Gebiet. Zum Vergleich: Bei den Museen belief sich dieser Anteil auf 28% (im Jahr 2021) und bei den Kinos auf 8%.
Verteilung der Bibliotheken auf die Grossregionen, 2022
Grossregion
Bibliothekenanteil
Einwohneranteil
Genferseeregion
20%
19%
Espace Mittelland
24%
22%
Nordwestschweiz
13%
14%
Zürich
17%
18%
Ostschweiz
14%
14%
Zentralschweiz
7%
10%
Tessin
6%
4%
Total
100%
100%
Das Total kann rundungsbedingt 100% übersteigen
Knapp ein Viertel der Bibliotheken in der Schweiz befindet sich im Espace Mittelland und etwas weniger als ein Fünftel in der Genferseeregion.
Verteilung der Bibliotheken nach Bibliotheks- und Gemeindetyp, 2022
Wissenschaftliche Bibliotheken
Öffentliche Bibliotheken
Kerngemeinden
95%
42%
Agglomerationsgemeinden
2%
33%
Ländliche Gemeinden
4%
25%
Total
100%
100%
Das Total kann rundungsbedingt 100% übersteigen.
Während sich praktisch alle wissenschaftlichen Bibliotheken in Kerngemeinden befinden, sind die öffentlichen Bibliotheken räumlich gleichmässiger verteilt. Ein Drittel von ihnen liegt in Agglomerationsgemeinden und ein Viertel in ländlichen Gemeinden.
Ausgaben der Bibliotheken
Die Ausgaben der Bibliotheken umfassen alle laufenden Ausgaben gemäss Jahresrechnung.
Durchschnittliche laufende Ausgaben pro Bibliothek, 2022
Durchschnittliche Ausgaben pro Bibliothek
Wissenschaftliche Bibliotheken
Öffentliche Bibliotheken
Total der laufenden Ausgaben pro Bibliothek
529'041 CHF
1'211'009 CHF
216'977 CHF
Die durchschnittlichen laufenden Ausgaben von wissenschaftlichen Bibliotheken übersteigen jene von öffentlichen Bibliotheken deutlich. Sie sind zudem in Bibliotheken der Kerngemeinden fast zehnmal höher als in den Bibliotheken der Agglomerationsgemeinden oder der ländlichen Gemeinden. Diese Ergebnisse sind mit jenen von 2020 und 2021 vergleichbar.
Sowohl bei den wissenschaftlichen als auch bei den öffentlichen Bibliotheken entfällt der Grossteil der Ausgaben auf Personalkosten.
Allerdings ist der Anteil der Ausgaben für den Erwerb von Medien an den Gesamtausgaben bei den wissenschaftlichen Bibliotheken etwa doppelt so hoch wie bei den öffentlichen Bibliotheken. In wissenschaftlichen Bibliotheken machen die für elektronische Medien vorgesehenen Ausgaben einen deutlich grösseren Anteil am Budget für den Erwerb von Medien aus als in öffentlichen Bibliotheken (70% gegenüber 9%). Auch diese Ergebnisse sind mit jenen von 2020 und 2021 vergleichbar.
Universitätsbibliotheken: Entwicklung des Anteils der Ausgaben für elektronische Medien, zwischen 2004 und 2022
Ein Indikator, der veranschaulicht, wie sich der Anteil der Ausgaben für den Erwerb elektronischer Medien an den Gesamtausgaben für den Erwerb von Medien bei Universitätsbibliotheken entwickelt, ist verfügbar unter:
2022 arbeiteten über 8400 bezahlte Mitarbeitende in den Bibliotheken.
Anzahl bezahlte und unentgeltlich tätige Mitarbeitende, 2022
Total
Wissenschaftliche Bibliotheken
Öffentliche Bibliotheken
Bezahlte Mitarbeitende
8'428
4'203
4'225
Bezahlte Mitarbeitende in VZÄ
4'225
2'706
1'518
Unentgeltlich tätige Mitarbeitende
2'088
313
1'776
Total Mitarbeitende (bezahlte und unentgeltlich tätige)
10'516
4'516
6'001
Eine Bibliothek beschäftigte im Durchschnitt sechs bezahlte Mitarbeitende (drei VZÄ) und eine unentgeltlich tätige Person.
Im Bereich der Bibliotheken spielt demnach Teilzeitarbeit eine wichtige Rolle: Das durchschnittliche Arbeitspensum des bezahlten Bibliothekspersonals liegt bei 50%. Bei den Stellenprozenten besteht ein grosser Unterschied zwischen dem Personal in den wissenschaftlichen Bibliotheken (durchschnittlich 64%) und jenem in den öffentlichen Bibliotheken (36%). Am höchsten ist der Beschäftigungsgrad mit durchschnittlich 58% in den Bibliotheken der Kerngemeinden. In den Agglomerationsgemeinden beträgt er 26% und in den ländlichen Gemeinden 19%.
Darüber hinaus waren im Dezember 2022 über 2000 Personen unentgeltlich in den Bibliotheken tätig, 85% davon in den öffentlichen Bibliotheken. Letztere verzeichnen im Durchschnitt mehr als doppelt so viele unentgeltlich arbeitende Personen wie die wissenschaftlichen Bibliotheken. In der italienischen Schweiz ist die Freiwilligenarbeit besonders weit verbreitet (durchschnittlich kommen pro Bibliothek etwas mehr fünf Freiwillige auf zwei bezahlte Mitarbeitende).
Personal der Bibliotheken: thematisches Modul Erhebung 2023
Die Erhebung 2023 (Daten 2022) wurde mit einem thematischen Modul zum Personal in den Schweizer Bibliotheken ergänzt. Dieses liefert umfassendere Ergebnisse als die Basisvariablen, in denen lediglich die Anzahl Mitarbeitende, Vollzeitäquivalente und unentgeltlich arbeitende Personen erfasst werden.
Bezahltes Personal
In der grossen Mehrheit der Bibliotheken in der Schweiz (92%) sind bezahlte Mitarbeitende tätig, wobei ein kleiner Unterschied zwischen wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken besteht (96% gegenüber 91%). Insgesamt waren 8400 bezahlte Mitarbeitende beschäftigt, davon 80% Frauen. Sie waren in allen Positionen in der Mehrheit.
In den wissenschaftlichen Bibliotheken ist der Frauenanteil wesentlich tiefer (69%) als in den öffentlichen Bibliotheken (91%). Der höchste Männeranteil ist in der Direktion der wissenschaftlichen Bibliotheken zu verzeichnen (36%).
Die grosse Mehrheit der Bibliotheksmitarbeitenden arbeitet Teilzeit; lediglich 15% der Beschäftigten sind mit einem Pensum von 90% bis 100% tätig. Nahezu die Hälfte (46%) hat dagegen einen Beschäftigungsgrad unter 50%. Auch hier sind Unterschiede nach Geschlecht, Bibliothekstyp und beruflicher Stellung zu beobachten. Nahezu ein Drittel (31%) der Männer sind mit einem Beschäftigungsgrad zwischen 90% und 100% angestellt (Frauen: 11%), während ein Viertel der Frauen ein Pensum von weniger als 16% haben (Männer: 13%). Über die Hälfte der Frauen (51%) arbeitet weniger als 50%; bei den Männern ist dies bei 27% der Fall.
In wissenschaftlichen Bibliotheken sind die Beschäftigungsgrade höher: Ein Viertel der Mitarbeitenden arbeitet mit einem Pensum zwischen 90% und 100%, gegenüber 6% in den öffentlichen Bibliotheken. Umgekehrt sind in öffentlichen Bibliotheken 34% der Beschäftigten mit einem Pensum von weniger als 16% angestellt, in wissenschaftlichen Bibliotheken beläuft sich dieser Anteil lediglich auf 11%.
Die berufliche Stellung hat ebenfalls einen Einfluss auf den Beschäftigungsgrad. Mitarbeitende mit einer Führungsfunktion arbeiten am häufigsten mit einem hohen Pensum: Nahezu ein Drittel (32%) ist mit einem Beschäftigungsgrad von 90% bis 100% tätig und knapp die Hälfte (49%) arbeitet 50% bis 80%. Umgekehrt hat ein Viertel des Personals ohne Führungsfunktion ein Pensum von weniger als 16%. In den öffentlichen Bibliotheken liegt dieser Anteil sogar bei 39%.
Anteil des bezahlten Personals nach beruflicher Stellung und Beschäftigungsgrad in %, 2022
Bibliotheks–direktion
Personal mit Führungsfunktion
Personal ohne Führungsfunktion
Alle Bibliotheken
Personal zwischen 0-15%
18
8
25
Personal zwischen 16-49%
36
11
24
Personal zwischen 50-89%
31
49
38
Personal zwischen 90-100%
15
32
13
Gesamtes Personal
100
100
100
Wissenschaftliche Bibliotheken
Personal zwischen 0-15%
8
2
12
Personal zwischen 16-49%
7
4
18
Personal zwischen 50-89%
45
49
49
Personal zwischen 90-100%
41
46
21
Gesamtes Personal
100
100
100
Wissenschaftliche Bibliotheken
Personal zwischen 0-15%
21
17
39
Personal zwischen 16-49%
43
21
30
Personal zwischen 50-89%
28
50
26
Personal zwischen 90-100%
8
13
5
Gesamtes Personal
100
100
100
Aufgrund der Rundung kann das Total geringfügig von 100% abweichen.
Unentgeltlich arbeitendes Personal
Über 2000 Personen arbeiteten im Dezember 2022 ehrenamtlich in einer Bibliothek. Auch hier handelte es sich mehrheitlich um Frauen (85%). 85% der Freiwilligen arbeiteten in öffentlichen Bibliotheken.
Knapp ein Viertel (23%) der Bibliotheken beschäftigten unentgeltlich arbeitendes Personal. Dieser Anteil ist in den öffentlichen Bibliotheken höher als in den wissenschaftlichen (25% gegenüber 16%). Freiwilligenarbeit ist besonders in der italienischen Schweiz weit verbreitet: Nahezu jede zweite Bibliothek (48%) beschäftigte dort unentgeltlich arbeitendes Personal, gegenüber 28% in der französischen Schweiz und 18% in der Deutschschweiz. Insgesamt wendeten ehrenamtlich arbeitende Personen über das Jahr hinweg 112’000 Stunden für ihre Tätigkeit in den Bibliotheken auf. Freiwilligenarbeit kommt darüber hinaus auch bei bezahlten Mitarbeitenden vor: 2022 leisteten diese zusätzlich zu ihrer bezahlten Arbeit knapp 28'000 Stunden Freiwilligenarbeit.
Gleichzeitig werden die Bibliotheken auch durch drittfinanziertes Personal unterstützt, beispielsweise durch Personen, die von der Invalidenversicherung vermittelt oder von einer Stiftung für ein Forschungsprojekt angestellt werden, oder durch Zivildienstleistende. 2022 nahm jede zehnte Bibliothek solches Personal in Anspruch, wobei der Anteil in den wissenschaftlichen Bibliotheken etwas höher ausfiel (16%) als in den öffentlichen Bibliotheken (8%). Über das Jahr hinweg wurden in den Bibliotheken insgesamt 116'000 Stunden von drittfinanziertem Personal geleistet.
Personal in Ausbildung
Bibliotheken haben auch einen Ausbildungsauftrag und bieten Berufslehren sowie Praktika an (z. B. FH-Vorbereitung oder Hochschulpraktika).
Anteilsmässig bildeten im Verlauf des Jahres 2022 etwa gleich viele Bibliotheken Lernende (11%) und Praktikantinnen bzw. Praktikanten (12%) aus. In beiden Fällen ist dieser Anteil in wissenschaftlichen Bibliotheken (28% bzw. 26%) höher als in öffentlichen (6% bzw. 7%). Der bei den bezahlten Mitarbeitenden beobachtete Unterschied bei den Geschlechteranteilen lässt sich auch beim Personal in Ausbildung feststellen, wobei die Differenz bei den Lernenden leicht geringer ausfällt als bei den Praktikantinnen und Praktikanten: 71% der Lernenden und 79% der Absolvierenden eines Praktikums sind Frauen. Auch hier ist der Frauenanteil in wissenschaftlichen Bibliotheken (67% in der Lehre, 77% in Praktika) etwas tiefer als in den öffentlichen Bibliotheken (78% bzw. 81%). Insgesamt waren in den Schweizer Bibliotheken 2022 rund 250 Lernende sowie 270 Praktikantinnen und Praktikanten tätig.
Die Resultate sollten aufgrund von Schwierigkeiten bei der Imputation (fehlende Hilfsvariablen, geringe Korrelation mit bestimmten Hilfsvariablen, geringe Antwortquote und/oder grosse Streuung der Variablen) mit Vorsicht interpretiert werden.